Nächtlicher Aufbruch
Für Joseph Savioz (Hüttenwart auf SAC Mountet)


Hütte und Berg liegen im Dunkel,
nur Mondlicht schimmert darauf;
der Sterne silbernes Gefunkel
lockt uns Bergsteiger früh heraus.

Fröstelnd und müde noch stolpern
Schattengestalten durch den Raum,
sind des Wachens noch so fern,
mancher denkt noch an seinen Traum.

Kafféeduft erfüllt dann die Stube,
Öllampen verbreiten zuckendes Licht,
und im Gedränge der Finkenbude
finden einige ihre Schuhe nicht.

Das Haus ist erfüllt vom Raunen
derer, die das Abenteuer suchen,
früh trieb sie aus den Daunen,
der Wunsch, den Aufstieg zu versuchen.

Noch ein Bissen Brot, ein Schluck Kaffée,
dann wird die Ausrüstung klariert:
die Steigeisen für den Schnee,
mit Teleskopstöcken wird marschiert.

Haken rasseln und klirren leise,
ist geheimnisvoll zu hören,
in heimlich verhaltener Weise,
um noch Schlafende nicht zu stören.

Wir brechen auf, in ein Abenteuer,
dessen Ausgang wir nicht kennen,
in unseren Herzen brennt ein Feuer:
"Sehnsucht Berg", wie wir es nennen!

Wir schauen noch auf die Tourenskizze,
daß wir die Führe nicht verfehlen;
einer macht noch dumme Witze,
über allzu genaues Routenwählen.

Dann werfen wir den Rucksack über,
nehmen Seil und Pickel in die Hand,
blicken als seilverbundene Brüder
auf, zur düster hohen Gletscherwand.

Wir steigen los, auf nachtfrostiger Führe,
eisiger Wind bläst uns ins Gesicht;
vor uns prangt des Gletschers Bordüre,
wo der wilde Eisstrom bricht.

Der Hüttenwart schaut uns hinterher,
"Behüt' Euch Gott", ruft er uns nach,
"Ich wart' auf Eure Wiederkehr,
und wünsch' Euch Glück, viel tausendfach!"

Wir steigen rasch und mutig höher,
der Berg, er wird uns zum Zwang,
streben dem Himmel immer näher,
und folgen einem uralten Drang.

Ab jetzt gehören wir dem Berge,
und hoffen auf seine Gnade,
denn vor ihm sind wir nur Zwerge,
und sehen im Gipfel eine große Gabe!


Dieses Gedicht entstand in Anlehnung vieler selbst erlebter
nächtlicher Aufbrüche in ungewisse Abenteuer, aus denen mir glückliche Rückkehr
niemals ganz gewiß war.

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