Winterkätzchen

Für mein Sternchen
zum Geburtstag


Kalt ist der Wintermorgen,
er hält der hohen Berge
Gipfel im Nebel verborgen,
und des Eisfrostes Scherge
zieht heran von Norden.

Im still weißen Kleide
liegt der Törbelweiler;
die Straße, die Alpweide
verbirgt sich unter heiler,
ungebrochener Schneeseide -

Nein halt! Irgend etwas stört
da die glitzernd weiße Decke!
Eine einsame Spur, sie führt
um des Walliserhauses Ecke,
Samtpfoten, die niemand hört.

Kleine, runde Abdrücke,
gerade mal zweifränkler groß,
wandern hinüber zur Zaunlücke,
von dort zum Holzstoß,
weiter über die Bächlibrücke.

Plötzlich enden sie verschwiegen
im alten Vorratsstadel,
wo im Sommer Schwarzhalsziegen
bei Regen und bei Hagel
unter'm Schutz des Daches liegen.

Dort hinten, in dunkler Ecke,
wo sich häuft das Winterheu,
lugen aus stillem Verstecke
leuchtend grüne Äuglein scheu
im Schatten der Futtersäcke.

Von Mutters Augenpaar bewacht,
argwöhnisch und so stolz,
waren zu Weihnachten erwacht,
dort hinter'm Krippenholz
fünf neue Leben in heiliger Nacht.

Kleine Wollkneuel tummeln sich
nun im warmen, weichen Nest,
klammern sich noch ängstlich
an der Fellschürze fest,
die sicher und mütterlich.

Flehentliches Maunzen leis'
und so bettelnd erklingt -
denn jedes Schnäuzchen weiß,
was Mutter hier mitbringt
von ihrer nächtlichen Reis'.

Nur der Mond sah bisweilen,
was dort im Stadel verborgen.
Wenn Nacht und Tag sich teilen,
sieht er jeden Wintermorgen
die Samtpfoten sich beeilen.

Bald schon sieht er von oben,
wenn das Eis im Frühjahr bricht,
Winterkätzchen durch Blumen toben,
wenn im morgendlichen Sonnenlicht
sie den Ernst des Lebens proben.

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