Verstehst Du meine Sehnsucht nicht


Du siehst mich reizbar und launisch werden,
dann wieder blicklos und apathisch.
Du siehst meine Fröhlichkeit ersterben,
"Was ist los mit ihm", fragst Du Dich.
Siehst Du nicht, was mein Herz bewegt?
Du fragst Dich, was in mir zerbricht,
was schwer an meiner Seele sägt.....
Sag, verstehst Du meine Sehnsucht nicht?

Glanzlos sucht mein Blick in Gedanken,
ich schaue aus staubigem Fenster gen Süden,
möchte ausbrechen aus häuslichen Schranken,
doch Kraft und Wiederstand ermüden.
Hoffnung und Auftrieb sind verschwunden,
im Spiegel grüßt mich ein altes, leeres Gesicht.
Wieder in den Bergen könnte mein Geist gesunden,
sag, verstehst Du meine Sehnsucht nicht?

In den Bergen war ich ein stolzer Krieger,
Vagabund, Abenteurer, und Alpinist.
Meinem Dasein schenkte ich nichts lieber,
als aufzustreben in gleißend reinem Licht,
als zu steigen auf lichte Höhen hinauf,
an der Wolkengrenze, der Gefahr im Angesicht,
wünsche mich jetzt dorthin, binnen Sekundenlauf,
sag, verstehst Du meine Sehnsucht nicht?

In wehen Gedanken kehren Touren wieder,
auf Wetterhorn, Weißhorn, und Mont Blanc,
in Kandersteg, Zermatt, und Pontresina -
vom Heimweh bin ich unheilbar krank.
Mein Herz sehnt sich noch einmal hinauf,
doch mich ängstigt, daß dann unsere Liebe bricht.
Was soll ich tun, was nehme ich in Kauf,
sag, verstehst Du meine Sehnsucht nicht?

Kennst Du der Herden frohes Geläut?
Oder das Rauschen vom hohen Wasserfall?
Das, was mich an meinen Bergen freut:
Weite Matten, bunte Blumen überall!
Sprühende Wasser aus tiefem Gletschergrund,
lange Grate, hohe Felsen, streben königlich,
sie rufen und locken mich, Stund um Stund,
sag, verstehst Du meine Sehnsucht nicht?

Einmal wird in mir der Druck zu schwer,
dann breche ich aus, ziehe gen Bergeshöhen,
stoße wieder durch's dichte Wolkenmeer,
werde im Kranz der weißen Gipfel stehen.
Dann sauge ich tief, und atme befreit
Die klare Luft, und das reine Licht,
schaue über das Land, unendlich weit,
sag, verstehst Du diese Sehnsucht nicht?

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