Hochzeitstraum

Es zieht ein weißes Schiff,
auf dem dunkelblauen Meer,
vorbei an Felsen und Riff,
von Insel zu Insel daher.

Eine Fahne von Rauch und Gischt
weht weit voraus als stehender Schweif,
bis sie in der Ferne bald verwischt,
in der Seebriese, frisch und steif.

Aus dem Dunst, der eben noch verschwand,
naht ein Schiff, mit stolzen Segeln weiß,
schwebt heran, ankert draußen vor dem Land,
streicht die Segel, geheimnisvoll und leis.

Ein schneeweißes Boot, blumengeschmückt,
pflügt geräuschlos durch Wellen zum Strand,
mit sonnengebräunten Matrosen bestückt,
die es rudern und steuern, von sicherer Hand.

Ein Mann mit schwarzem Pferdeschwanz
führt uns vertrauensvoll in das Boot,
ziert unsere Köpfe mit einem Muschelkranz,
und mit Blumenblüten prächtig und rot.

Wie von einer Zauberhand gelenkt,
das Boot uns zum Schiff hin bringt,
als wenn uns all das Schöne geschenkt,
ein Bouzpukispieler für uns zwei singt.

Das Schiff ins Glück den Anker lichtet,
fährt auf die türkisfarbene See hinaus,
bis man den Sandstrand nicht mehr sichtet,
fliegt es auf Wellen dahin, mit Gebraus.

Delfine begleiten unsere schöne Jacht,
die gischtsprühend die Wellen durchmäht,
ich glaube, wir werden von ihnen bewacht,
wenn der Wind die weißen Segel bläht.

So geht es drei lange Nächte und Tage
dahin auf dem einsamen, blauen Meer,
dann stellt uns der Mann die Frage:
"Liebt Ihr zwei Euch wirklich sehr?"

"Ich bringe alle verliebten Paare
auf die Insel der Liebe zurück,
jeden neuen Tag, schon viele Jahre,
ich segle die Liebe in ihr Glück."

Bald taucht weit entfernt im Dunst
eine Insel auf, mit hohen Bergen viel,
dank des Windes und der Gezeiten Gunst
sind wir schnell an unserem Ziel.

Schneeweiße, würfelige Häuser stehen
an den Hängen, grün und braun,
über uns wir tiefblauen Himmel sehen,
so erleben wir unseren Hochzeitstraum.

Mit Booten, silberfarben und weiß,
werden wir vom Schiff abgeholt,
kühl ist der Wind, doch die Sonne heiß,
das Boot in der wilden Brandung rollt.

Auf Eseln mit sauberen Decken geschirrt,
durch thymianbewachsene, sandige Hügel,
in denen schon die Mittagshitze flirrt,
reiten wir rasch, als hätten wir Flügel.

Auf einem Felsen steht eine kleine,
weiße, einfach gebaute Inselkirche,
die Glocke erklingt süß von einer Leine,
und diese zieht emsig ein junger Hirte.

Wir schreiten hinauf und treten ein,
in den feierlich geschmückten Raum,
kaum ein Sonnenstrahl dringt herein,
denn die Tür schützt ein Olivenbaum.

Drinnen leuchten tausende Kerzen,
verbreiten einen mystischen Duft,
aufgeregt schlagen unsere Herzen,
in dieser geheimnisvollen Luft.

Dann tritt ein weiser alter Mann hervor,
der freundlich scheint und guter Dinge,
seine Stimme gleicht einem Engelschor:
"Kaliméra, Ihr zwei, wo sind Eure Ringe?"

Mit einem großen Schreck erwache ich,
alles Schöne ist vorbei, ich glaub es kaum,
ich weiß, ich habe keine Ringe für Dich,
was ich hier erlebte, war nur ein Traum.

Es war mein Wunsch, der sich entzweit,
weil ich im Streit die Ringe ins Meer warf,
doch Hoffnung, die in meinem Herzen schreit,
bleibt in mir, bis ich Dich wieder fragen darf.

So lange kehren sie wieder, jede Nacht,
die Bilder vom Glück unterm Olivenbaum,
was hat Hoffnung doch für eine Macht,
sie gibt ihn nicht auf, den Hochzeitstraum.





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