Das Geheimnis von Val Mentiér
 
1. Kapitel
 
Prolog
 
s begann leicht zu nieseln, als Martin Fährkamp die letzten Häuser der Stadt hinter sich ließ und das Gaspedal auf der geraden, freien Strecke beinahe durch das Bodenblech trat. Die Beschleunigung drückte ihn sanft in den Sitz seines Audi Twister und ein Gegenstand auf dem Beifahrersitz machte einen Satz gegen die Rückenlehne. Fährkamp legte fast beschützend seine Hand darauf, um sicher zu gehen, dass der Grund seines Betriebsausflugs nicht im Fußraum verschwand.
Ein Buch lag neben ihm auf dem Sitz und eigentlich sollte man das bei dem Journalisten eines der größten deutschen Boulevardblätter nicht für außergewöhnlich halten. Doch der Anblick dieses Buches zog jeden, der es sah, automatisch in seinen Bann. Ein Buch war freilich nichts Ungewöhnliches. Doch schon der lederne Einband dieses Exemplars würde jeden Antiquar faszinieren. Das runde Symbol einer Sonnenkachina und mehrere geheimnisvolle, unbekannte Zeichen waren in das schmutzige, dunkle und rissige Leder geprägt.
Martin lächelte bittersüß, als er daran dachte, dass er für diese Lektüre fast seinen Job aufs Spiel gesetzt hatte. Einige Male schon hatte er Streit mit seinem Chefredakteur Meier-Witt, weil er Hinweisen auf eine sensationelle Story all zu intensiv nachgegangen war. Journalistenarbeit ist nüchterne Schreibtischarbeit, war dessen Devise. Martin Fährkamp allerdings besaß das nicht immer gesunde Talent, hinter jeder Story ein Abenteuer zu wittern. Doch er wusste auch, dass dies sein Erfolgsrezept war, mit dem er sich in nur drei Jahren vom einfachen Volontär bis in die oberste Kaste der freien Journalisten hochgearbeitet hatte.
Als Martin das ledergebundene Buch vor zwei Wochen zufällig auf einem Göttinger Flohmarkt entdeckte, war es wohl seine journalistische Neugier, die ihn dazu bewog, es zu kaufen. Und zunächst sah es so aus, als wäre nur der seltsam gestaltete Umschlag interessant. Der Inhalt schien Fährkamp eher unwichtig. Er machte den Eindruck eines Tagebuchs, von einem vor Phantasie übersprudelnden Sechstklässler verfasst. Gegen den antik aussehenden Lederumschlag sah der Einband direkt billig aus: Ein in jedem Papierwarengeschäft erhältliches liniertes Tagebuch, sehr eng und klein beschrieben und mit phantasievollen Zeichnungen versehen. Einige Seiten waren mit einer Geheimschrift beschrieben, wie sie Schüler oft für intime Eintragungen verwendeten. Fast hätte Martin den Lederumschlag vom Band getrennt, hätte er seinen Flohmarktkauf nicht zufällig seinem früheren Schulfreund, einem anerkannten Anthropologen gezeigt:
»Hier haben wir einmal einen Schüler, der seine Freizeit nicht bei einem Ballerspiel am Computer verbringt«, begutachtete sein Freund das Buch. »Wer das verfasst hat, war im Unterricht sehr aufmerksam. Dieser hier hat nicht nur in Geschichte aufgepasst, er hat in seiner Phantasie die Geschichte in einer mittelalterlichen Epoche der Menschheit einfach umgeschrieben, um nicht zu sagen umgelenkt! Mensch Martin, du bist ständig auf der Suche nach der einen guten Story. Hier hast du mal einen außergewöhnlich begabten Schüler mit einer für einen Jugendlichen viel zu ausgeprägten Handschrift. Schreib doch mal darüber, was ein talentiertes Kind in der Lage ist, hervorzubringen!«
Dieses Urteil seines Freundes war für Fährkamp der Stein des Anstoßes. Die Nachforschungen am Rande seiner Arbeit brachten jedoch nichts zu Tage, das wert gewesen wäre in der Zeitung zu erscheinen. Der einzige Hinweis auf den Autor des handgeschriebenen Buches fand sich in der oberen linken Ecke der ersten Seite: Basti Lauknitz stand da zu lesen.
Martin Fährkamp hatte nie viel für Bücher übrig, es sei denn, sie dienten irgendwelchen Recherchen. Dieses Tagebuch jedoch ließ ihn nicht mehr los. Er studierte Seite für Seite und es las sich wie ein in Stichworten verfasster Abenteuerroman. In seinem Journalistenkopf arbeitete es. Er malte sich in Gedanken aus, einen jugendlichen, hochtalentierten Schriftsteller mit seiner Hilfe zum berühmten Autoren zu machen. Exklusivbericht - Der Weg von der Schulbank zum Bestsellerautor, die Schlagzeile sah er im Geiste schon gedruckt. Und er, Martin Fährkamp, würde diesen jungen Autor auf seinem literarischen Ruhmesweg mit seiner regelmäßigen Kolumne begleiten. Doch irgendwie war da noch mehr...
Fährkamp hatte meist den richtigen Riecher für eine große Story. In diesem Fall ließ ihn das Gefühl nicht mehr los, dass hinter diesem Tagebuch mehr stecken könnte, als nur die Phantasien eines Jugendlichen. Martin fuhr mit dem Buch zu Kurt Brauchtreu, einem Restaurator im Kunsthistorischen Museum, der ihm noch einen Gefallen schuldig war. Brauchtreu behielt das Buch drei Tage. Dann rief er Fährkamp an und sie verabredeten sich im Museum. Das Ergebnis der Untersuchung war enttäuschend. Allerdings nicht für Martin Fährkamp. Das Leder des Umschlags konnte keinem bekannten Tier zugeordnet werden. Kurt Brauchtreu hatte viele uralte, ledergebundene Bücher untersucht und klassifiziert. Hier aber musste er passen. Für Fährkamp war dies erst recht ein Grund weiter nachzuforschen. Er musste den Autor dieses Tagebuchs finden! Er war der Schlüssel zu diesem sonderbaren Werk.
Martin gab den Namen Basti Lauknitz in eine Internet-Suchmaschine ein, ohne sich viel davon zu erhoffen. Er fand zwei Einträge. Zum einen gab es einen Berliner Stadtteil Lauknitz, zum anderen einen Sebastian Lauknitz, der im Zusammenhang mit einem Ehemaligentreffen angezeigt wurde. Fährkamp klickte auf diesen Eintrag. Es handelte sich um ein Klassentreffen einer Einschulungsklasse Jahrgang 1968 einer kleinen Dorfschule bei Braunschweig in Niedersachsen.
Dieses Klassentreffen war der einzige brauchbare Hinweis, dem Fährkamp nachgehen konnte. Weitere Recherchen musste er vor Ort führen, um weiter zu kommen. Er kannte schon im Voraus die Reaktion seines Chefredakteurs, als er um einen offiziellen Auftrag in dieser Sache bat. Sein Vorgesetzter hielt nichts von einem journalistischen Riecher für eine große Story und schon gar nichts davon, dass Fährkamp auf Kosten des Verlagshauses in das zweihundert Kilometer entfernte Braunschweig fahren wollte. Er hörte sich etwas an von »...dummer Jungenstreich als vager Hinweis auf Nichts« und »...wissen Sie noch, damals, die Sache mit Hitlers Tagebüchern..., war auch ein Riesenflop damals...« Fährkamps Chef kannte nur eine Antwort auf so ein unsicheres Unternehmen: Nein!
Der Journalist Martin Fährkamp aber war stolz auf seinen Dickschädel. Fünf Zentimeter an der dünnsten Stelle! Das Zauberwort hieß: Überstundenabbau! Vier Tage blieben Fährkamp für seine Nachforschungen. In dieser Zeit suchte er drei Schulen auf, besuchte zwei pensionierte Lehrer, befragte die Bewohner eines kleinen Dorfes und die Nachbarn einer Stadtwohnung, die mit einem Sebastian Lauknitz jahrelang Tür an Tür wohnten, ihn aber dennoch so gut wie nicht kannten. Schließlich bekam er einen entscheidenden Hinweis von einer Angestellten des Einwohnermeldeamtes, was insofern erstaunlich war, als solche Institutionen Auskünfte für gewöhnlich wie Kostbarkeiten vergaben.
Martin Fährkamp fuhr stadtauswärts. Sein Ziel auf der regennassen Landstraße war eine Einrichtung mit dem nüchternen Namen Psychotherapeutische Klinik Rosenberg. Martin dachte daran, dass man noch vor einigen Jahren weitaus weniger zimperlich war, mit der Beschreibung solcher Orte. Die abwertende Bezeichnung Irrenanstalt war heute gottlob endgültig überholt.
Eine Ansammlung von Häusern, eine Ampel und eine Kreuzung. Fast wäre Fährkamp an seinem Ziel vorbeigerauscht. Er schaffte es gerade noch, sich einzuordnen und nicht aus der Kurve zu fliegen. Er bog in die Einfahrt der Anstalt ein und lenkte seinen Twister auf einen Seitenstreifen neben einem Glashäuschen, auf dem »Information« stand...
Dreißig Minuten später ging Martin in Begleitung eines Pflegers über das Klinikgelände, das geheimnisvolle Tagebuch lässig unter den rechten Arm geklemmt. Links und rechts wurde er von Gestalten angestarrt, die wie lauernde Gespenster an Hauswänden oder unter Bäumen herumstanden. Gestalten, die aus leeren oder unnatürlich großen Augen blickten, wirre, zusammenhanglose Sätze sprachen, oder versuchten, ihn zu berühren. Fährkamp lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Das nasse Wetter war allerdings kaum Schuld daran. Martin hatte bereits aufgegeben, sich den Weg einzuprägen, den sie gingen. Der Pfleger im weißen Arbeitsanzug führte ihn in ein größeres, dreistöckiges Gebäude, durch annehmlich gestaltete Gänge und schließlich in einen gemütlichen Raum, der ihn an einen Gemeinschaftsraum in einem Seniorenheim erinnerte.
»Warten sie hier bitte einen Moment..., nehmen sie solange Platz«, sagte sein Begleiter und verschwand wieder auf dem Flur. Hinter der angelehnten Tür drangen gedämpfte Geräusche an Fährkamps Ohr. Er wanderte um einen großen Tisch herum, den eine lachsfarbene Tischdecke und ein Blumenarrangement zierte. In der Ecke stand ein moderner Plasmafernseher mit Heimkinoanlage. Ein großes Regal an der Wand gegenüber beherbergte Bücher und Bildbände, zusammengewürfelt aus allerlei Themen, die miteinander nichts gemein hatten. Bunte, aber potthässliche Bilder hingen an allen vier Wänden. Alle schienen vom gleichen Künstler gemalt und ein geübtes Auge erkannte sofort, dass die Werke nach der vorherrschenden Farbe des taubenblauen Teppichs ausgewählt wurden. Die Vorhänge an den Fenstern waren in einem ansprechenden Violett gehalten. Ein kleinerer runder Tisch stand etwas verloren vor den Fenstern. Auf ihm türmten sich verschiedene Zeitschriften, unter anderem ein paar Ausgaben, in denen Fährkamp seine eigenen Reportagen wusste. Eine geschmacklose Deckenlampe aus den Siebzigern warf ungesundes Licht in den Raum.
Die Tür öffnete sich wieder und der Pfleger kam mit einem älteren Mann zurück. Fährkamp schätzte ihn auf Mitte Fünfzig. Das gepflegte Äußere des Mannes konnte jedoch leicht über sein wahres Alter hinwegtäuschen. Er hatte ein freundliches Gesicht, klare, strahlende Augen, graues, volles Haar und einen Dreitagebart aus glitzernd weißen Haarstoppeln. Dieser Mann strahlte Integrität, Intelligenz und Offenheit aus. Aber auch etwas Geheimnisvolles, etwas Unergründliches, wie eine Angst, einen Ausschluss von Erlebnissen aus seinem Herzen und seinem Geist. In sein Gesicht hatten sich leichte Falten gegraben, die ihn nicht älter erscheinen ließen, dennoch von einem sehr bewegten Leben erzählten. Trotzdem schien seine Haut einem jüngeren Menschen zu gehören. Alle Eigenschaften dieses Mannes passten irgendwie nicht zueinander, ließen viele Widersprüche in sich vermuten.
»Lauknitz..., Sebastian Lauknitz, sie möchten mit mir sprechen?« Seine offene Begrüßung überraschte Fährkamp, denn sie passte ganz und gar nicht in diese bedrückende Kulisse einer psychiatrischen Klinik. »Wir können uns setzen«, bot Lauknitz mit einer Handbewegung an und fuhr fort: »Möchten Sie einen Kaffe, einen Tee, oder ein Glas Wasser?« Sebastian Lauknitz wies mit der offenen Hand zur Tür: »Wir haben hier auch eine gemütliche Caféteria, wenn sie möchten.«
Der Pfleger im Hintergrund murmelte irgendetwas von »...später noch mal wieder...« und schloss die Tür hinter sich. Lauknitz setzte sich und bot Fährkamp den Platz ihm gegenüber an. Martin Fährkamp zog es jedoch vor, stehen zu bleiben. Er legte das alte Tagebuch vor Sebastian Lauknitz auf den Tisch und wusste sofort, dass er voll ins Schwarze getroffen hatte.
Lauknitz starrte auf das Tagebuch vor sich und seine Gedanken schienen ihn augenblicklich in weite, unendliche Fernen zu entführen. Er sah nur auf das Buch, bewegte sich nicht und sprach nicht. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung, als sei es plötzlich zu Stein geworden.
Diese Apathie wurde Fährkamp allmählich unheimlich. Er beugte sich zu Lauknitz herab und fragte vorsichtig: »Kennen sie dieses Buch?«
Sebastian Lauknitz reagierte nicht. Seine Augen schienen auf das Sonnensymbol auf dem Lederumschlag festgenagelt. Man hätte eine Stecknadel im Raum fallen lassen können, sie wäre aufgeschlagen, wie eine Porzellantasse.
Fährkamp forschte jetzt eindringlicher nach: »Sie sind doch Basti Lauknitz, der Basti Lauknitz, der seinen Namen in dieses Buch geschrieben hat, oder?« Martin Fährkamp sah sich hilflos um. Dann versuchte er es erneut:
»Hören sie, Herr Lauknitz, wenn ich sie erschreckt habe, oder alte Wunden berührt habe, dann tut es mir leid, ehrlich. Aber können sie mir sagen, ob sie dieses Buch geschrieben haben, oder ob es ihnen gehört? Vielleicht können sie mir etwas über dieses Buch erzählen, ich wäre ihnen sehr dankbar dafür!«
Allmählich löste sich Sebastian Lauknitz aus seiner Reglosigkeit. Er erhob sich langsam, fast feierlich von seinem Stuhl, sah Fährkamp eindringlich an und sprach leise: »Herr Fährkamp.., ich bedanke mich für ihren Besuch, aber es ist wohl besser für uns alle, wenn sie jetzt wieder nach Hause fahren. Und bitte... Kommen sie nicht mehr wieder!«
Ein Journalist gibt nicht auf. Fährkamp versuchte seinen Gegenüber zu beruhigen: »Bitte, warten sie.., ich möchte nur etwas über das Buch wissen...« Er schob sich zwischen Sebastian Lauknitz und die Tür, ging dann aber wieder zum Tisch hinüber. Er wollte Lauknitz nicht zu sehr bedrängen. Wenn dieser sich unter Druck gesetzt fühlte, erfuhr er vielleicht nie, was es mit dem rätselhaften Buch auf sich hatte.
Als Lauknitz zögerte, sich zurückzuziehen, sah Fährkamp seine Chance: »Von welchem Tier stammt das Leder des Umschlags? Und was ist das für eine Geheimschrift?« Er ließ seine Worte wirken.
Lauknitz schien wieder in seine Apathie zu verfallen. Er setzte sich auf den Stuhl zurück, langsam, innerlich abgekämpft, wie ein Kriegsheimkehrer. Er machte eine müde Handbewegung, als wolle er alles Unangenehme von sich fortwischen. Dann sah er Fährkamp aus leeren Augen an: »Warum wollen sie das wissen?«
»Weil ich glaube, dass ein Schicksal hinter diesem Buch steckt. Ein Schicksal, das es wert wäre, den Menschen dieser Welt davon zu erzählen. Und weil ich die Wahrheit herausfinden möchte.« Fährkamp machte eine Pause, bevor er nachhakte: »Das wollen sie doch auch, dass alle die Wahrheit kennen, oder?«
Fährkamp setzte jetzt alles auf eine Karte, weil er fühlte, dass die nächsten Minuten darüber entscheiden würden, ob es eine Story geben würde, oder nicht. Oh ja, er wusste, dass es eine Geschichte gab, das erzählte ihm seine journalistische Erfahrung. Doch ob er diese Story jemals bekommen würde, hing davon ab, wie weit sich Lauknitz ihm anvertrauen würde.
»Ok«, drängte der Journalist weiter, »wir haben den Umschlag genau untersucht. Das Leder stammt von keinem der Menschheit bekanntem Tier. Auch der Code der Geheimschrift konnte selbst mit der besten Software nicht dechiffriert werden. Können sie nicht verstehen, dass mich das neugierig macht und ich die Wahrheit erfahren möchte?«
»Die Wahrheit..?« Lauknitz sah ihn eindringlich an, schüttelte leicht den Kopf. »Welche Wahrheit meinen sie denn?«
»Es gibt immer nur eine Wahrheit auf der Welt«, stellte Fährkamp entschlossen fest. Aber in diesem Augenblick war er sich nicht mehr so sicher. Sein Gefühl sagte ihm, dass er einer Sache auf der Spur war, die zu begreifen er vielleicht gar nicht in der Lage war.
»Ja, es gibt nur eine Wahrheit auf der Welt...«, gab Lauknitz müde zu, »...aber wenn einem die Wahrheit nicht geglaubt wird...« Sebastian Lauknitz stützte sich mit den Ellenbogen auf die Tischplatte und schlug sich die Handflächen vor die Augen. »Was aber, wenn es nicht nur eine Wahrheit gibt, weil es eben nicht nur eine Welt gibt?« Aus Lauknitz Mund klang dies nicht mehr als eine Frage. Es klang wie eine Feststellung!
Fährkamp wollte nun alles wissen, um jeden Preis: »Wie meinen sie das.., nicht nur eine Welt?« Er legte freundschaftlich seine Hand auf Lauknitz Schulter und fuhr beschwörend fort: »Erzählen sie mir doch einfach ihre Wahrheit. Ich werde ihnen zuhören!«
Lauknitz sah ihn mit rot geriebenen Augen an: »Ja, sie werden mir zuhören, sicher werden sie das. Aber ob sie mir glauben werden...?«
»Ich werde ihnen zuhören«, versicherte Fährkamp, »ob ich ihnen glaube, hängt freilich davon ab, was sie mir erzählen. Und wenn sie mir wirklich die Wahrheit sagen...«
»Da haben wir es ja wieder...« Sebastian Lauknitz sprang von seinem Stuhl hoch, dass dieser polternd hinter ihm umfiel. »Ich habe schon einmal die Wahrheit gesagt, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit und was habe ich davon?« Er schrie es in einer Verzweiflung heraus, dass Fährkamp erschrocken zurückwich. »Ja, ich habe die Wahrheit erzählt, weil ich auch gehofft habe, dass man mir hilft! Dafür sitze ich jetzt hier drinnen und habe angeblich eine manische Persönlichkeitsspaltung! Ich bin nicht verrückt!«
Allmählich beruhigte er sich wieder. Resigniert sprach er weiter: »Ich habe mich daran gewöhnt, dass ich ein seelisches Problem haben soll. Ich habe einfach aufgegeben, dagegen aufzubegehren, verstehen sie? Sie haben mich vollgepumpt mit irgendwelchem Mist, der mir gut tun sollte. Sie haben mich so lange damit zugeschüttet, bis meine Wahrheit so aussah, wie sie es wollten. Jetzt erzähle ich ihre Wahrheit und habe meine Ruhe. Ich habe mein Essen und Trinken, habe ein Dach über dem Kopf und muss mich um nichts mehr kümmern.«
Er machte eine Pause, bevor es vorwurfsvoll aus ihm herausbrach: »Und jetzt kommen sie und wollen wieder die andere Wahrheit! Hören sie, Herr Fährkamp, ich bin nicht verrückt, aber langsam werde ich es! Was wollen sie? Eine Wahrheit, die niemand für die Wahrheit hält? Wollen sie mir hier drinnen Gesellschaft leisten? Nur zu! Sie sind gerne eingeladen, herzlich willkommen im Club der gespaltenen Persönlichkeiten!«
»Sebastian«, Fährkamp versuchte so einfühlsam wie möglich vorzugehen, »vertrauen sie mir einfach, ja? Ich bitte sie, was haben sie noch zu verlieren? Erzählen sie mir doch einfach ihre Geschichte und was es mit diesem Buch auf sich hat. Ich höre ihnen zu und wenn ich auch nur ein Quäntchen Wahrheit darin wittere, nur ein ganz klein wenig Glaubhaftigkeit, dann.., ich schwöre ihnen, dann sorge ich dafür, dass sie in Zukunft ganz in Frieden, frei und sorglos leben können, wo immer sie wollen. Und wenn ich ihnen nicht glauben sollte, sage ich ihnen rechtzeitig Bescheid und behellige sie nie wieder. Ist das Ok für sie? Was sagen sie dazu?«
Lauknitz nickte bedächtig mit dem Kopf: »Ich glaube, ich vertraue ihnen. Ich denke dass sie es ehrlich so meinen, wie sie es sagen. Na gut, was genau wollen sie wissen?«
»Alles«, sagte Fährkamp bestimmt, »von Anfang bis Ende. Erzählen sie einfach ihre Geschichte, oder was sie erlebt haben, oder was sie erzählen möchten, fangen sie einfach an, von da ab, wo sie glauben, dass es wichtig ist. Ich werde einfach nur dasitzen und zuhören. Sagen sie mir, was sie über dieses Buch wissen, frei von der Leber weg!«
Sebastian Lauknitz schloss kurz seine Augen und dachte einen Moment lang nach. Dann sah er Fährkamp mit klarem Blick an, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und fing an zu erzählen...
  Wichtiger Hinweis: Die Texte des Autors Frank Adlung, insbesondere die des Romans "Das Geheimnis von Val Mentiér", sind durch notarielle Hinterlegung urheberrechtlich geschützt. Ein Herunterladen und Ausdrucken ist nur für den privaten Zweck des Lesens gestattet. Kommerzielle Nutzung, öffentlicher Vortrag, oder Vervielfältigung und Verfälschung des Inhalts, sowie öffentliche Verbreitung ohne Genehmigung des Autors sind untersagt und werden zur Anzeige gebracht.
   
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3. Kapitel     Das Versteck     Kapitel anzeigen
4. Kapitel     Seltsame Begegnung     Kapitel anzeigen
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6. Kapitel     Der Alte     Kapitel anzeigen
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15. Kapitel     Das Werk der Götter     Kapitel anzeigen
16. Kapitel     Der Holzer     Kapitel anzeigen
17. Kapitel     Der Achterrat     Kapitel anzeigen
18. Kapitel     Das Vermächtnis des Unbekannten     Kapitel anzeigen
19. Kapitel     Der Verrat     Kapitel anzeigen
20. Kapitel     Der Weg nach Falméra     Kapitel anzeigen
21. Kapitel     Jäger des Glücks     Kapitel anzeigen
22. Kapitel     Die weiße Stadt     Kapitel anzeigen
23. Kapitel     Im Banne des Throns     Kapitel anzeigen
24. Kapitel     Verbotene Liebe     Kapitel anzeigen
25. Kapitel     Auf verborgenen Wegen     Kapitel anzeigen
26. Kapitel     Sehnsucht und Leidenschaft     Kapitel anzeigen
27. Kapitel     Heimliche Ausflüge     Kapitel anzeigen
28. Kapitel     Gefangen     Kapitel anzeigen
29. Kapitel     Das freie Land     Kapitel anzeigen
30. Kapitel     Ein heimlicher Pakt     Kapitel anzeigen
31. Kapitel     Heimliche Flucht     Kapitel anzeigen
32. Kapitel     Auf nach Mehi-o-ratea     Kapitel anzeigen
33. Kapitel     Verschleppt     Kapitel anzeigen
34. Kapitel     Die Hölle der Îval     Kapitel anzeigen
35. Kapitel     Angriff der Dämonen     Kapitel anzeigen
36. Kapitel     Das Dorf der ewigen Jugend     Kapitel anzeigen
37. Kapitel     Die geheimnisvollen Unbekannten     Kapitel anzeigen
38. Kapitel     Schlechte Nachrichten     Kapitel anzeigen
39. Kapitel     Standgericht     Kapitel anzeigen
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